Aphthen und aphthoide Läsionen

Entzündungen und Wucherungen im Mund

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Aphthen und aphthoide Läsionen. © iStock
Aphthen und aphthoide Läsionen © iStock

Eine der häufigsten Formen sind habituelle Aphthen. Es gibt viele Erkrankungen, die das klinische Bild von Aphthen nachahmen können. Es ist daher von großer Bedeutung, Aphthen differenzialdiagnostisch von anderen Erkrankungen abgrenzen zu können.

phthen oder aphthoide Läsionen zeigen sich als makroskopisch sichtbare Schädigungen der Mundschleimhaut. Solche Läsionen lassen sich histologisch in oberflächliche Erosionen und tiefe, schmerzhafte orale und/oder pharyngeale Ulzerationen unterteilen. Sie rezidivieren charakteristischerweise in einem Zeitintervall von Wochen bis Monaten. Aphthoide Läsionen gehören zu den häufigsten oralen Wucherungen – die Prävalenz liegt zwischen 1 und 78 %, abhängig von der Bevölkerungsgruppe, die untersucht wurde. Sie treten häufiger bei Frauen auf. Die Häufigkeit der Rezidive variiert individuell sehr stark: Manchmal liegen Jahre zwischen dem erneuten Auftreten, wohingegen andere Betroffene mehrmals jährlich unter Aphthen leiden.

Morphologie

Aphthen präsentieren sich in drei unterschiedlichen klinischen Varianten:

1 Minoraphthen sind die häufigste Form. Meist treten ein bis vier Aphthen gleichzeitig auf, die einen Durchmesser von 2–5 mm aufweisen. Die Ulzera sind lediglich oberflächlich und flach. Sie sind schmerzhaft, heilen aber ohne Narbenbildung wieder ab. Diese Aphthenform persistiert meist über eine Zeitspanne von einer Woche.

2 Majoraphthen treten weniger häufig auf und weisen einen deutlich größeren Durchmesser von 20–30 mm auf. Es treten aber meist nur höchstens zwei zum selben Zeitpunkt auf. Sie können ebenfalls in der gesamten Mundhöhle lokalisiert sein. Im Unterschied zu den Minoraphthen können sie jedoch auch in tiefere Schichten penetrieren (bis in Speicheldrüsen und Muskelschichten). Diese Aphthenform ist äußerst schmerzhaft und zeichnet sich durch Induration (Verhärtung des Gewebes), Ulzeration und Gewebsdestruktion aus. Die Heilung kann sich über Wochen erstrecken und die Abheilung erfolgt leider unter Narbenbildung.

3 Herpetiforme Aphthen sind die dritte Form und zeigen sich charakteristischerweise als viele kleine flache Ulzerationen. Sie sind oft nur stecknadelkopfgroß und können überall auf der oropharyngealen Mukosa, inklusive Gaumen, Zunge und Zahnfleisch, auftreten. Häufig treten 50 bis 100 dieser Läsionen gleichzeitig auf, die auch zusammenfließen können. Daher ähneln sie echten Herpesläsionen, sie sind jedoch nicht von Herpes-simplex-Viren induziert.

Prädisponierende und umweltbedingte Risikofaktoren

• Hormonelle Schwankungen, ausgelöst durch eine Schwangerschaft, den Menstruationszyklus und Dysmenorrhoe, können bei Frauen Auslöser für die Entstehung von Aphthen sein. 

• Traumata und kleine Verletzungen durch zahnärztliche Behandlungen, lokal anästhetische Injektionen, Wangenbeißen und Zähneputzen stehen ebenfalls im Zusammenhang mit der Entstehung von Aphthen.

• Bei den Medikamenten, die mit dem Auftreten von chronischen Aphthen in Verbindung gebracht werden, handelt es sich beispielsweise um Piroxicam, Phenobarbital und Nicorandil.

Der Konsum bestimmter Nahrungsmittel  wie Nüsse, Tomaten oder Käse kann  die Entstehung von Aphthen begünstigen. © Shutterstock
Der Konsum bestimmter Nahrungsmittel wie Nüsse, Tomaten oder Käse kann die Entstehung von Aphthen begünstigen. © Shutterstock

• Einige Betroffene reagieren zudem empfindlich auf bestimmte Nahrungsmittel und leiden nach dem Konsum von Schokolade, Kaffee, Erdnüssen, Mandeln, Erdbeeren, Käse, Tomaten und Weizenmehl vermehrt an Aphthen.

• Nährstoffmangelzustände (insbesondere von Eisen, Folsäure und Vitamin B12) sind ebenfalls mit dem gehäuften Auftreten von Aphthen assoziiert. Der Zusammenhang ist noch nicht vollständig geklärt, eine Hypothese besagt jedoch, dass es bei Defiziten von Folsäure und Vitamin B12 (beide sind essenziell für die DNA-Synthese und Zellteilung) zu einer Atrophie der oralen Epithelzellen kommen kann. Dies führt zu einer entsprechenden Schädigung der mukosalen Integrität sowie zu einer Beeinträchtigung der epithelialen Barriere. Patient:innen könnten von einer Vitaminersatztherapie profitieren.

• Stress kann ebenfalls eine Rolle bei der Entstehung von chronischen Aphthen spielen. Es gibt Berichte, dass bei betroffenen Patient:innen unter erhöhtem Stresslevel Aphthen gehäuft auftreten.

• Tabakkonsum ist ein bekannter Risikofaktor für Mundkrebs, Schleimhautläsionen und Parodontitis. Interessanterweise treten rezidivierende Aphthen bei Raucher:innen weniger oft auf. Als Hauptursache wird vermutet, dass Tabak die Keratinisierung der Mundschleimhaut verstärkt, was diese weniger anfällig für Geschwüre macht.

“Aphthen gehören zu den häufigsten Mundschleimhautveränderungen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, wobei die Prävalenz zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen stark variiert.“

Differenzialdiagnose

Die Diagnose einer Rezidivierenden Stomatitis aphthosa (RAS) wird typischerweise anhand der Anamnese und der klinischen Präsentation gestellt. Nicht alle Wundstellen im Mund erfordern sofort eine ärztliche Untersuchung. Von entscheidender Bedeutung ist es jedoch, aphthöse Geschwüre von anderen Erkrankungen zu unterscheiden, die ulzerative Manifestationen aufweisen. Wichtige Warnsignale sind das Auftreten von Fieber, Symptomen und Hautausschlägen außerhalb des Mundbereichs und Augenentzündungen. Entzündungen im Mundbereich bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem (z. B. HIV-Infizierte) sollten ebenfalls unverzüglich abgeklärt werden. Bei folgenden Erkrankungen können aphthoide Läsionen der oropharyngealen Mukosa auftreten:

Xerostomie

Mundtrockenheit wird durch eine Vielzahl von Ursachen hervorgerufen: Radiotherapie, bestimmte Medikamente, rheumatische Erkrankungen bzw. Autoimmunerkrankungen wie das Sjögren-Syndrom. Betroffene klagen über Halsschmerzen, wiederkehrenden Karies, Brennen im Mund, Veränderungen der Stimme, beeinträchtigte Kau- und Schluckfunktionen sowie über das gehäufte Auftreten von aphthoiden Läsionen.

Stevens-Johnson-Syndrom

Hierbei handelt es sich um eine sehr selten auftretende Hauterkrankung. Es kommt zu einem Befall der Cutis und es schälen sich kleinere Hautbereiche ab.  Im Mundbereich entstehen hämorrhagische Krusten an den Lippen.

Pemphigus vulgaris

Diese Autoimmunerkrankung beginnt mit Bläschenbildung. Das rasche Zerplatzen der Bläschen führt zu schmerzhaften, blutenden Ulzerationen.

Hand-, Fuß-, Mundkrankheit

Diese Infektionskrankheit wird hauptsächlich durch Humanes Enterovirus 71 oder Coxsackievirus A16 ausgelöst. Nach der initialen Bläschenbildung erfolgt ein Übergang zu schmierig belegten und schmerzhaften Ulzerationen der Wange, der Zunge und am harten Gaumen. Zusätzlich zeigt sich ein Exanthem an der Fußsohle und an den Handinnenflächen.

Herpes-simplex-Virusinfektion (Mundfäule)

Diese Infektionskrankheit beginnt mit hohem Fieber, gefolgt von einer schmerzlosen Schleimhautschwellung. Anschließend bilden sich kleine Bläschen und es entsteht eine schmerzhafte Schleimhautentzündung.

HIV-Infektion

Hier treten Ulzerationen oft in Verbindung mit anderen Infektionen im Mundbereich auf, wie beispielsweise Candidiasis.  

Lokal anzuwendende Präparate sind wegen des niedrigen Risikos systemischer  Nebenwirkungen Mittel der Wahl bei habituellen Aphthen. © Shutterstock
Lokal anzuwendende Präparate sind wegen des niedrigen Risikos systemischer Nebenwirkungen Mittel der Wahl bei habituellen Aphthen. © Shutterstock

Behçet-Krankheit

Morbus Behçet ist eine systemische, entzündliche Erkrankung der Blutgefäße mit autoimmunologischen und autoinflammatorischen Aspekten. Charakteristisch sind schmerzhafte orale und genitale Ulzerationen. Orale aphthöse Geschwüre bei der Behçet-Krankheit weisen sehr ähnliche Merkmale wie chronisch rezidivierende Aphthen auf: Es handelt sich um runde oder ovale Läsionen, die von einer weiß-gelben Pseudomembran umgeben sind.

Glossitis rhombica mediana

Hierbei kommt es zu einer Zungenoberflächenveränderung im mittleren Drittel der Zunge. Die Ulzeration ist scharf begrenzt, rötlich bis rot, oval bis rautenförmig mit eingesunkener oder erhabener Oberfläche und verursacht in der Regel keine Schmerzen.

PFAPA-Syndrom

Hierbei handelt es sich um eine autoinflammatorische Erkrankung mit unbekannter Ursache im Kindesalter mit folgenden Symptomen: periodisches Fieber, aphthöse Stomatitis, Pharyngitis, Adenitis.

Plattenepithelkarzinom

Diese Ulzerationen der Mundschleimhaut sind typischerweise nicht schmerzhaft und werden im Verlauf größer (Größenprogredienz). Zusätzlich kommt es zu einer Verhärtung des umliegenden Gewebes.

Syphilis

Syphilis ist eine sexuell übertragbare Erkrankung, ausgelöst durch Treponema pallidum, und kann sich auf der Zunge und im Mund auf verschiedene Weisen äußern. Es treten Plaques mit weißlichen oder roten Anteilen auf, die von einem roten Rand umgeben sind. Im dritten Stadium kann es zu einer Glossitis gummosa kommen. Es handelt sich dabei um knotige Zungenveränderungen. 

“Die Therapie von Aphthen ist rein symptomatisch. Das Ziel der Behandlung ist eine Schmerzlinderung, ein Nachlassen der funktionellen Einschränkungen durch die Ulzerationen und eine Verminderung der Häufigkeit und Schwere der Schübe.“

Therapiemöglichkeiten von Aphthen

Die Therapie von Aphthen ist rein symptomatisch, da die Ätiologie von benignen, rezidivierenden Aphthen bislang noch ungeklärt ist. Ziel der Behandlung ist eine Schmerzlinderung, ein Nachlassen der funktionellen Einschränkungen durch die Ulzerationen sowie eine Verminderung der Häufigkeit und Schwere der Schübe. Lokal anzuwendende Präparate sind wegen des niedrigen Risikos systemischer Nebenwirkungen Mittel der Wahl bei habituellen Aphthen. Bei sehr häufigen Rezidiven, welche die Lebensqualität der Patient:innen stark einschränken, können systemische Behandlungen (z. B. mit Glucocorticoiden) in Erwägung gezogen werden. Primär empfiehlt sich aber die topische Applikation von Arzneimitteln. Zum Einsatz kommen adstringierende (Tinctura myrrhae et ratanhiae), antiseptische (chlorhexidinhaltige Gele), antiinflammatorische (cortisonhaltige Salben) und lokalanästhetische Präparate. Die Anwendung von antibiotischen Mundspülungen (Tetracyclin, Minocyclin) kann bei Aphthen vom Major-Typ indiziert sein, um eine Superinfektion der Läsion zu verhindern.  

Es wird empfohlen, lokalanästhetisch wirksame Medikamente vor den Mahlzeiten anzuwenden. Alle anderen Tinkturen, Gele, Salben und Spülungen sollen nach dem Essen verwendet werden.

Neben den genannten Therapiestrategien sollten Betroffene beim Bestehen von Aphthen auf schleimhautreizende Lebensmittel verzichten – hierzu zählen zu heiße, scharfe, stark gewürzte oder säurehaltige Getränke oder Speisen. Dabei sollte dennoch auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden, um eventuelle Mangelzustände zu vermeiden. Darüber hinaus ist auf eine gründliche Mundhygiene zu achten.

Quellen

1   S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapieoptionen von Aphthen und aphthoiden Läsionen der Mund- und Rachenschleimhaut (2023), AWMF Reg.Nr. 007-101

2   Chiang C, et al.: Recurrent aphthous stomatitis - Etiology, serum autoantibodies, anemia, hematinic deficiencies, and management. J Formos Med Assoc 2019; 118(9): 1279-1289

3   Milia E, et al.: Recurrent aphthous stomatitis (RAS): guideline for differential diagnosis and management. Eur J Paediatr Dent 2022; 23(1): 73-78

4   Tarakji B, et al.: Guideline for the diagnosis and treatment of recurrent aphthous stomatitis for dental practitioners. J Int Oral Health 2015; 7(5): 74-80

Text: Mag. Pharm. Christina Lackinger

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