Statine zur Lipidsenkung

Therapiestrategien im Direktvergleich

Mag. pharm. Irene Senn, PhD
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Die Intensität der Pharmakotherapie zur Senkung des LDL-Cholesterins orientiert sich in Europa daran, welcher Zielwert erreicht werden soll. © Shutterstock
Die Intensität der Pharmakotherapie zur Senkung des LDL-Cholesterins orientiert sich in Europa daran, welcher Zielwert erreicht werden soll. © Shutterstock

Statine bilden in allen internationalen Leitlinien einen wichtigen Eckpfeiler zur medikamentösen Senkung des LDL-Cholesterins (LDL-C). Diskrepanzen gibt es jedoch bei der Frage, wie sie in der klinischen Praxis konkret dosiert werden sollen.

Amerikanische vs. europäische Leitlinien

In Europa gilt nach wie vor die Zielwert-Strategie („Treat-to-Target“), das heißt, die Intensität der Pharmakotherapie orientiert sich daran, welcher LDL-C-Zielwert erreicht werden soll. Diese Werte werden in der ESC/EAS-Leitlinie je nach individuellem kardiovaskulärem Gesamtrisiko unterschiedlich definiert, wobei grundsätzlich gilt: je höher das Risiko, desto niedriger der geforderte Zielwert.1 Die LDL-C-Werte müssen bei dieser Vorgehensweise unter Therapie kontinuierlich überprüft und die Medikation entsprechend adaptiert werden. 

In den US-amerikanischen ACC/AHA-Leitlinien hat man diesen Ansatz hingegen aufgegeben und stattdessen spezifische Patientengruppen vordefiniert. Diese erhalten bestimmte Statine je nach Risiko in einer mittleren oder hohen Dosierung („Hochdosis-Therapie“ mit fixer Dosis ohne Titration). 

In der LODESTAR-Studie wurden diese zwei unterschiedlichen Strategien nun erstmals im Direktvergleich untersucht. Die Ergebnisse wurden im Frühjahr beim ACC-Kongress präsentiert2 und kürzlich im JAMA publiziert.3

Studiendesign auf Nicht-Unterlegenheit

LODESTAR wurde als „Nichtunterlegenheits-Studie“ angelegt. Geprüft wurde die Hypothese, dass die „Treat-to-Target“-Strategie der „fixen Hochdosis-Therapie“ nicht unterlegen sei.
4.400 Patient:innen mit manifester koronarer Herzkrankheit (mittleres Alter 65 Jahre, 28 % Frauen) wurden in die Analyse eingeschlossen und in zwei Gruppen randomisiert. Zu Studienbeginn lag der LDL-C-Ausgangswert bei durchschnittlich 86,5 mg/dl. In der „Treat-to-Target“-Gruppe wurde die Statintherapie laufend angepasst, bis ein LDL-Zielwert im Bereich von 50 bis 70 mg/dl erreicht wurde. Die zweite Gruppe erhielt eine feste Hochdosis mit 20 mg Rosuvastatin oder 40 mg Atorvastatin täglich.

Keine Unterschiede nach drei Jahren

Nach 6 Therapiewochen schnitt die fixe Hochdosis-Therapie besser ab: Zu diesem Zeitpunkt hatten 61,6 % der Patient:innen in dieser Gruppe einen LDL-C-Wert unter 70 mg/dl erreicht, während es in der „Treat-to-Target“-Gruppe nur 55,7 % waren. Nach dem Studienzeitraum von drei Jahren waren die Unterschiede aber nicht mehr signifikant: Dann waren es 59,7 vs. 58,2 % (p = 0,41). 

Das LDL-C betrug nach drei Jahren in der „Treat-to-Target“-Gruppe durchschnittlich 69,1 mg/dl und in der Hochdosis-Gruppe 68,4 mg/dl. Der Unterschied war statistisch nicht signifikant (p = 0,21). 

Auch in Hinblick auf den klinischen Outcome führten die beiden Herangehensweisen zu einem ähnlichen Ergebnis. Der primäre kombinierte Studienendpunkt setzte sich zusammen aus Todesfällen, Myokardinfarkten, Schlaganfällen und koronaren Revaskularisationen. Die Raten unterschieden sich nach 3 Jahren mit 8,1 % (Treat-to-Target) und 8,7 % (High-Dose) nicht signifikant (Differenz: 0,6 %; p für Nichtunterlegenheit < 0,001). Auch in den einzelnen Gruppen fanden sich keine signifikanten Unterschiede: Todesfälle (2.5 vs. 2.5 %, p = 0.99), Myokardinfarkte (1.6 vs. 1.2 %; p = 0.23) und Schlaganfälle (0.8 vs. 1.3 %; p = 0.13).

Fazit

Die LODESTAR-Studie belegt erstmals die Nicht-Unterlegenheit der Zielwert-Strategie im Vergleich zur Hochdosis-Statintherapie hinsichtlich des Auftretens eines kombinierten Endpunktes aus Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall oder Revaskularisation bei KHK-Patient:innen. Damit untermauert die Untersuchung den Stellenwert einer maßgeschneiderten Therapie unter Berücksichtigung des individuellen Ansprechens.

Quellen

1 Mach F, et al.: 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk: The Task Force for the management of dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) 
and European Atherosclerosis Society (EAS). European Heart Journal 2020;41(1):111-188.
2 Hong M-K: Comparison between targeted low-density lipoprotein cholesterol level based versus high-intensity statin therapy in patients with coronary artery disease. Featured Clinical Research III. ACC-Kongress 2023;4.3.-6.3.2023:New Orleans.
3 Hong SJ, et al.: Treat-to-Target or High-Intensity Statin in Patients With Coronary Artery Disease: A Randomized Clinical Trial. Jama 2023;329(13):1078-1087. 

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