Die wichtigsten Impfungen für die Erkältungszeit

Influenza & Co.

Mag. pharm. Dr. Birgit  Zonsics
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Die meisten Impfungen wie z. B. Kinderimpfungen oder Reiseimpfungen können das ganze Jahr über verabreicht werden. Bei einigen empfiehlt es sich jedoch, auf die Jahreszeit zu achten, da ein rechtzeitiger Stich verhindern kann, schon in der Weihnachtszeit mit Grippe und Konsorten darniederzuliegen. Vorranging denkt man nur an Grippe, Pneumokokken und COVID-19. Aber auch gegen Meningokokken, FSME, Pertussis, Rotaviren oder Herpes Zoster sollte sinnvollerweise (schon) im Herbst geimpft bzw. aufgefrischt werden. 

Influenza

Influenza, die echte Grippe, ist eine ernst zu nehmende Viruserkrankung und forderte 2022/23 in Österreich ca. 4.000 Todesfälle.1 Klassische Grippesymptome sind u. a. schlagartig einsetzendes hohes Fieber, Schüttelfrost, lang anhaltende Müdigkeit und Abgeschlagenheit, trockener Reizhusten, Schnupfen, Halsschmerzen und Rachenentzündung, Bindehautentzündung, Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen, Sensibilität gegenüber hellem Licht (Photophobie) und oft starke Glieder- und Muskelschmerzen. Als Komplikationen zieht eine Grippe z. B. Lungen-, Nasennebenhöhlen- oder Mittelohrentzündung nach sich, meist durch Superinfektionen mit Bakterien hervorgerufen. Schwerwiegend sind besonders Myokarditis oder Meningitis nach einer Grippe.2 Viele Patient:innen fühlen sich nach einer überstandenen Influenza noch einige Wochen abgeschlagen oder müde. 

Indikation

Besonders Personen mit geschwächtem Immunsystem, Menschen über 60 Jahre, Schwangere ab dem zweiten Trimenon und Personen in häufigem Kontakt zu Infizierten oder Kranken wird die jährliche Influenza-Impfung angeraten. Bis ein vollständiger Impfschutz aufgebaut ist, dauert es ca. 14 Tage. Daher sollte man sich schon im Oktober oder November um einen Termin für die Grippeimpfung kümmern. 

Auswahl der Stämme

Da sich Influenza-Viren von Jahr zu Jahr verändern, ist die Auswahl der Stämme für die Impfung eine Herausforderung. Die WHO gibt im März eine Empfehlung für die derzeit zirkulierenden bzw. als wahrscheinlich auf dem Vormarsch befindlichen Stämme ab. Für einen wirksamen Impfschutz werden in tetravalenten Impfstoffen je zwei Influenza A- und B-Stämme verwendet (siehe ÖAZ 20/2023, S. 10). Da der Stamm B/Yamagata seit 2020 nicht mehr kursiert, wird in den trivalenten Impfstoffen auf diesen Stamm verzichtet.4 

Verfügbare Impfstoffe und Impfschemata

In Österreich werden normalerweise tetravalente Impfstoffe verwendet. Für Kinder bis zum 24. Lebensmonat stehen inaktivierte tetravalente Impfstoff zur Verfügung. Ab dem 24. Monat wird ein intranasales tetravalentes Lebendvakzin verabreicht. Bei Erstimmunisierung sollte im Abstand von 4 Wochen eine zweite Dosis appliziert werden. Ab dem 60. Lebensjahr verimpft man einen inaktivierten tetravalenten Hochdosis-Impfstoff und ab dem 65. Lebensjahr einen adjuvierten tetravalenten Impfstoff, um die Immunantwort zu verstärken. Für die Personengruppe dazwischen sollte besonders bei Indikation ein inaktivierter tetravalenter Impfstoff verabreicht werden. Da Kinder bei der Übertragung von Influenza eine große Rolle spielen, wird die Impfung von Kindern auch deshalb empfohlen, um das epidemiologische Geschehen generell zu verringern. Selbst wenn die Auswahl der Influenza-Stämme im jeweiligen Jahr nicht perfekt gelungen ist, verringert eine Impfung die Hospitalisierungen, mildert den Krankheitsverlauf und beugt Komplikationen vor. Sie ist somit auch eine maßgebliche Entlastung für das Gesundheitssystem.2,3

Pneumokokken 

Die verschiedenen Serotypen von Streptococcus pneumoniae verursachen Lungenentzündungen, Mittelohrentzündungen, invasive Erkrankungen des Blutes oder Meningitiden. Lungenentzündungen sind immer noch eine häufige Todesursache. Besonders bei Kindern sowie älteren und immungeschwächten Personen ist eine Pneumokokkenimpfung sinnvoll.

Die Kinderimpfung gegen Pneumokokken ist bis zum vollendeten 2. Lebensjahr kostenfrei. Geimpft werden sollte im 3., 5. und 12.–14. Lebensmonat. © Shutterstock
Die Kinderimpfung gegen Pneumokokken ist bis zum vollendeten 2. Lebensjahr kostenfrei. Geimpft werden sollte im 3., 5. und 12.–14. Lebensmonat. © Shutterstock


Indikation

Die derzeitige Impfempfehlung gilt für Säuglinge oder Kleinkinder sowie Menschen ab dem 60. Lebensjahr. Ältere Personen infizieren sich häufig bei erkrankten Kindern oder deren Eltern. Das Kinderimpfprogramm dient daher auch dem Schutz der Großelterngeneration. Pneumokokkeninfektionen treten meist in den Wintermonaten auf, daher ist eine Impfung im Herbst von Vorteil. 

Verfügbare Impfstoffe und Impfschemata

Folgende Impfstoffe stehen zur Immunisierung gegen Pneumokokken zur Verfügung: konjugierte Pneumokokkenvakzine (PNC) (13, 15- oder 20-valent) sowie das 23-valente Polysaccharidvakzin (PPV23). Die sequenzielle Impfung von PNC und PPV23 resultiert in insgesamt höheren Titern durch die PNC-Komponente, die dann durch teilweise Überlappung mit dem PPV23 geboostert werden. Die alleinige Gabe von PPV23 erreicht niedrigere Titer und eine verkürzte Schutzdauer. 

Bis zum vollendeten 2. Lebensjahr ist die Kinderimpfung kostenfrei und soll im 3., 5. und 12.–14. Lebensmonat verimpft werden, da der Gipfel bei Infektionen von Kindern im 2. Lebensjahr liegt. Risikokinder können nach diesem 2+1 Schema bis zum 5. Lebensjahr so geimpft werden. Die Impfung kann im Rahmen der Kinderimpfungen gemeinsam mit dem 6-fach-Impfstoff verabreicht werden. 

Die zweite von Pneumokokken betroffene Risikogruppe stellen Menschen ab dem vollendeten 50. Lebensjahr dar, wenn zusätzliche Risikofaktoren vorliegen, sonst ab 60 Jahren. In dieser Gruppe wird nacheinander zuerst ein PNC geimpft und dann ab einem Jahr danach PPV23. Dieses Impfschema kann bei Bedarf alle sechs Jahre wiederholt werden.3

COVID-19

Obwohl COVID-19 in Österreich nicht mehr der Meldepflicht unterliegt, zirkuliert die Krankheit weiterhin in Wellen und wird uns wahrscheinlich noch über längere Zeit begleiten. 

Da Kinder ab 6 Jahren und Erwachsene mit über 95 %iger Wahrscheinlichkeit bereits Viruskontakt durch Impfung und/oder Infektion hatten, benötigen sie keine Grundimmunisierung. Daher wird für Personen ab dem vollendeten 12. Lebensjahr nur eine einmalige Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty®  Omicron XBB.1.5 (30 µg) bevorzugt im Herbst empfohlen. 

Grundsätzlich sollten ausschließlich gegen XBB gerichtete Variantenimpfstoffe verwendet werden, wobei jede Person, die sich schützen möchte, ab dem vollendeten 6. Lebensmonat geimpft werden kann. Dabei sollten Kinder entsprechend ihrem Alter niedriger dosierte Impfstoffe erhalten: Bis zum 6. Lebensjahr ist Comirnaty® Omicron XBB.1.5/3 µg vorgesehen. Eine Grundimmunisierung sollte im Schema 2+1 erfolgen, wobei die 2. Impfung drei Wochen nach der 1. Impfung und die 3. Impfung mindestens acht Wochen nach der 2. Impfung appliziert wird. Für Kinder von 6–12 Jahren wird einmalig Comirnaty® Omicron XBB.1.5/10 µg empfohlen.

COVID-19: Wissenswert
  • gegen XBB gerichtete  Variantenimpstoffe ab vollendetem 6. Lebensmonat verimpfbar

  • bis zum 6. Lebensjahr niedrig dosierte Impfstoffe (3 µg), Grundimmunisierung im 2 + 1-Schema

  • von 6-12 Jahren einmalige Impfung mit 10 µg

  • für Personen ab vollendetem 12. Lj. einmalige Impfung mit 30 µg

  • gleichzeitige Influenza- und COVID-Impfung ist möglich, soll jedoch kontrlateral erfolgen


Kein Sport und Schonung

Nach der COVID-19-Impfung sind drei Tage körperliche Schonung sowie Sportkarenz für eine Woche anzuraten. Besonders wenn innerhalb von drei Wochen nach der Impfung Erschöpfung, Müdigkeit oder Fieber auftreten, sollten körperliche Anstrengung und Leistungssport unbedingt vermieden werden. Bei Atemnot oder Brustschmerzen sollte umgehend ärztliche Hilfe aufgesucht werden.

Eine Impfung gegen SARS-CoV-2 kann gleichzeitig mit einer saisonalen Grippeimpfung erfolgen, allerdings am anderen Arm.3

Meningokokken

Weniger häufig, doch nicht weniger gefährlich sind die Meningokokken. Es handelt sich dabei ebenso wie bei den Pneumokokken um bakterielle Krankheitserreger, die mittels Tröpfchen- oder Schmierinfektion übertragen werden. Innerhalb weniger Stunden können sie bei völlig gesunden Menschen eine lebensbedrohliche Meningitis oder Enzephalitis auslösen und sogar zum Tod führen. 2020 wurden in Österreich acht Infektionen gemeldet, eine davon verlief tödlich.3 Weltweit zirkulieren zwölf verschiedene Serogruppen. Infektionen mit den Gruppen A, B, C, W und Y verlaufen am häufigsten tödlich.

Meningokokken treten ebenfalls zur Erkältungs- und Grippesaison vermehrt auf. Besonders die frühen Symptome sind grippeähnlich und werden oft fehleingeschätzt. Eine Aufklärung über die Verfügbarkeit der Impfstoffe und eine impfplangerechte Immunisierung sollte daher empfohlen werden. 

Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

In Österreich dauert die Zeckensaison meist von Februar/März bis Oktober, wobei die Monate März und Oktober besonders durch mehr Niederschlag und Feuchtigkeit optimale Bedingungen für Zecken darstellen. Zecken übertragen viele verschiedene Krankheitserreger, wobei die Frühsommer-Meningoenzephalitis nicht medikamentös behandelt werden kann und mitunter bleibende Schäden hinterlässt. In Österreich sind Zecken endemisch. Nach milden Wintern kann die Zeckensaison schon früh beginnen. Allen Bewohner:innen in Österreich wird die FSME-Impfung daher dringend angeraten. Hierbei sollte man besonders an Zuwanderer aus Gebieten denken, in denen keine Zecken vorkommen. 

Verfügbare Impfstoffe und Impfschemata
Grundimmunisierungsschema (2+1) mit3

  • FSME-Immun®:
    – 2. Dosis: 1 bis 3 Monaten nach der ersten Dosis
    – 3. Dosis: 5 bis 12 Monate nach der zweiten Dosis 
  • Encepur®: 
    – 2. Dosis: 1 bis 3 Monaten nach der ersten Dosis
    – 3. Dosis: 9 bis 12 Monate nach der zweiten Dosis

Da nach der ersten Impfdosis noch kein vollständiger Schutz besteht, empfiehlt es sich, im Herbst mit der ersten Dosis zu beginnen, um für den Frühling schon ausreichend geschützt zu sein.

Impfpass-Check in der Apotheke

Bei kalten Temperaturen draußen, geheizten Räumen drinnen und eventuell schon angeschlagenem Immunsystem können auch Keuchhusten, Rotaviren oder Herpes Zoster in der allgemeinen Erkältungszeit leichter grassieren.10,11 Daher ist der Schulbeginn ein idealer Zeitpunkt, um einen Impfpass-Check in der Apotheke oder bei Ärztin/Arzt durchführen zu lassen und sich rechtzeitig auf den Winter vorzubereiten. Gegebenenfalls können so vergessene Dosen noch vor dem Höhepunkt der jeweiligen Erkrankungen nachgeholt werden.

Quellen

1 https://www.ages.at/mensch/krankheit/krankheitserreger-von-a-bis-z/grippe
2 Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK): Influenza (Virusgrippe) – Empfehlung Saison 2023/24; Version 1.0 vom 26.04.2023
3 Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK): Impfplan Österreich 2023; Version 1.1 vom 23. Dezember 2022
4 https://www.basg.gv.at/marktbeobachtung/amtliche-nachrichten/detail/empfehlungen-der-eu-fuer-die-zusammensetzung-der-influenza-impfstoffe-in-der-saison-2023-2024
5 https://www.ema.europa.eu/en/news/eu-recommendations-2023-2024-seasonal-flu-vaccine-composition

Weitere Quellen auf Anfrage 

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