Immunsystem stärken

Mikronährstoffe: Im Winter ganz besonders wichtig

Mag. Larissa Grünwald
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Der Winter stellt das Immunsystem vor besondere Herausforderungen. Kälte, trockene Heizungsluft und weniger Sonnenlicht können die Abwehr schwächen. Eine ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen wie Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen unterstützt die Immunfunktion und trägt dazu bei, Infekte besser abzuwehren und gesund durch die kalte Jahreszeit zu kommen.


Vitamin C als bekannter Immun-Booster


Vitamin C ist eines der wichtigsten wasserlöslichen Antioxidantien und schützt vor Oxidationsprozessen. Es unterstützt die zelluläre (T-Lymphozyten) und humorale (Antikörper) Immunabwehr und verbessert Regenerationsprozesse. Bereits früh konnte auch eine präventive Wirkung von Vitamin C in einer kontrollierten, randomisierten Doppelblindstudie bewiesen werden: Die Testpersonen erhielten in zwei Wintermonaten entweder 1 g Vitamin C oder ein Placebo. Unter Vitamin-C-Einnahme kam es zu 26 % weniger Erkältungen und zu 44 % weniger Krankheitstagen.1 Bei akuten Infekten kann möglicherweise eine rechtzeitige und ausreichend hohe Vitamin-C-Supplementierung (1–5 g/d) die Krankheitsdauer bei Erwachsenen und Kindern verkürzen. 

Empfehlung
Akut: 1–6 g/Tag, 
anschließend 0,5–1 g/Tag
Prophylaxe: 0,5–1 g/Tag


Zink als Erste Hilfe


Zink ist als Coenzym Bestandteil von über 200 Enzymsystemen und spielt eine wesentliche Rolle in der Immunabwehr, da es unkontrollierten Inflammationen entgegenwirkt. Zusätzlich unterstützt Zink die Differenzierung der T-Lymphozyten, die Aktivität der T-Killer- und T-Helferzellen sowie die Phagozytose der Granulozyten. Zink wird v. a. gleich zu Beginn, ab den ersten Erkältungssymptomen, empfohlen. Es konnte bewiesen werden, dass die Einnahme von 13 bis 15 mg Zink alle zwei Stunden (außer in der Nacht) in den ersten ein bis drei Tagen der Erkrankung eine Verbesserung brachte.2 Die Dauer bis zur völligen Symptomfreiheit betrug unter Placebo 7,6, unter Zink nur 4,4 Tage. Auch bei Symptomen wie Husten, Kopfschmerz, Heiserkeit oder nasaler Verstopfung wurde ein schnelleres Abklingen in der Verum-Gruppe erkannt. Maßgeblich für die Wirkung von Zink scheinen ein schneller Therapiebeginn, eine hohe Einnahmefrequenz sowie eine hohe Dosis über mehrere Tage hinweg zu sein.

Empfehlung
Akut: zu Beginn: 15 mg alle 2 Stunden, ab Besserung Frequenz reduzieren und schließlich 20–25 mg/Tag
Prophylaxe: 15–20 mg/Tag


Selen für effiziente Immunzellen


In einem Review wurde veranschaulicht, dass rund 25 Selenoproteine u. a. die Aktivität der Immunzellen regulieren und ein Selenmangel sowohl zu vermehrten Infektionen als auch zu vermehrter Autoimmunität führen kann. Ein optimaler Selenstatus kann möglicherweise sowohl die T-Zell-Proliferation als auch die Immunantwort bei Impfungen verbessern und bei Infekten Entzündungsreaktion abschwächen.3

Empfehlung
50–100 µg/Tag

Vitamin D als Immunmodulator


Für ein starkes Immunsystem ist ein ausreichend hoher Vitamin-D-Spiegel unverzichtbar. In einem Review wurde schon früh erkannt, dass Vitamin D eine immunmodulierende Funktion einnimmt. Das Vitamin kann sowohl ein schwaches Immunsystem unterstützen als auch partielle Immunüberreaktionen wie Allergien oder Autoimmunkrankheiten drosseln.
Eine Metaanalyse beschreibt, dass Menschen mit niedrigem Vitamin-D-Spiegel (10–20 nmol/l) rund 86 % mehr Infekte bekommen verglichen mit einer guten Vitamin-D-Versorgung (60–90 nmol/l).4 Ebenfalls gut zu wissen ist, dass eine tägliche Einnahme moderater Dosen an Vitamin D laut Studien – verglichen mit hochdosierten Gaben einmal pro Woche – wesentlich effizienter wirkt.5 

Empfehlung
Vitamin D 2.000–4.000 I.E/Tag 
(entsprechend dem Vitamin-D-Status)


Vitamin A für stabile Schleimhäute 


Retinol ist für die Aufrechterhaltung der Barrierefunktion von Haut und Schleimhaut wichtig.6 Als erste Grenzschicht in der Verteidigung vor eindringenden Krankheitserregern sollte diese nicht nur gut durchfeuchtet sein (Trinken, Raumluft kontrollieren), sondern auch mit Mikronährstoffen wie Vitamin C, Vitamin A und Zink ausreichend versorgt sein. Aus dieser Überlegung ist Vitamin A v. a. in der Prophylaxe gegen Atemwegsinfekte und Allergien sowie bei akuten Erkältungen in der Abheilung besonders wertvoll. 

Empfehlung
0,8–1 g/Tag


Magnesium als Regulator des Immunsystems

Magnesium ist ein oft übersehener, aber entscheidender Mineralstoff für die Immunfunktion. Das Elektrolyt spielt bei der Aktivierung von Enzymen, die für den Energiestoffwechsel und die DNA-Replikation wichtig sind, eine zentrale Rolle. Ein angemessener Magnesiumspiegel im Körper kann dazu beitragen, Entzündungen zu reduzieren und die Immunantwort zu optimieren.
Bekannt ist das Elektrolyt für seine muskelentspannende Wirkung, die sich sowohl an den Skelettmuskeln als auch am Herzmuskel positiv auswirkt. Ein niedriger Magnesiumspiegel oder latenter Magnesiummangel ist daher eine häufige Ursache von Krämpfen und wird zudem mit akuten und chronischen Erkrankungen wie Asthma oder Bronchitis in Zusammenhang gebracht. Seine immunregulatorische Wirkung ist insbesondere auf die Wechselwirkung mit Vitamin D zurückzuführen. Magnesium wird für die Aktivierung von Vitamin D benötigt. Beide Mikronährstoffe sollten daher möglichst gemeinsam aufgenommen werden. Umgekehrt fördert Vitamin D die Aufnahme von Magnesium aus dem Darm ins Blut.

Empfehlung
300–400 mg/Tag

Omega-3-Fettsäuren als Entzündungsbremse


Omega-3-Fettsäuren zeigen vielfältige und v. a. regulierende Wirkungen auf das Immunsystem. Sie agieren als 
wichtige Entzündungsregulatoren und reduzieren die Produktion entzündungsfördernder Botenstoffe.
Die Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) produzieren zahlreiche Hormonderivate wie Prostaglandine der Klasse 3, Protektine, Maresine, Leukotriene und Resolvine. Diese übernehmen die erwähnten immun-regulierenden und entzündungshemmenden Funktionen. Alpha-Linolensäure (ALA), etwa aus Lein-, Hanf- oder Sojaöl, trägt zur Gesamtversorgung bei, die immunmodulierenden Effekte stammen jedoch in erster Linie von EPA/DHA.7 Ein nicht zu unterschätzender Wert ist der Omega-3-Index, der die Versorgung mit den beiden Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA in den roten Blutzellen widerspiegelt. Der optimale Bereich liegt bei 8–11 %, als niedrig gilt ein Wert zwischen 4–6 %.

Empfehlung
1–2 g EPA und DHA/Tag

Beta-Glucan als Trainer für die Immunabwehr


Beta-Glucan ist ein löslicher Ballaststoff aus Getreide wie Hafer oder Gerste, Pilzen oder Hefen. Diese binden an bestimmte Rezeptoren von Immunzellen und können auf diese Weise die Aktivität bzw. die Zytokinbildung anregen. In einer Übersichtsarbeit wurden 34 randomisierte kontrollierte Studien analysiert. Darin zeigte sich, dass die Einnahme von Beta-Glucan die Immunabwehr beim Menschen stärken kann. Insbesondere wurden die Inzidenz und Symptomstärke von Erkältungen, Grippe und anderen Atemwegsinfektionen verringert und allergische Symptome verbessert.

Empfehlung
200 und 500 mg/Tag für 8–12 Wochen 


Quercetin, das immunaktive Pflanzenpigment


Quercetin ist ein Flavonoid, das v. a. in Beerenfrüchten, Äpfeln und Zwiebeln vorkommt. Es wirkt antioxidativ, hemmt überschießende Entzündungen und blockiert bestimmte Schritte der Virusvermehrung. In Studien konnte der Pflanzenstoff bei Atemwegsinfekten zu einer Verringerung der Symptomschwere und der Anzahl an Krankheitstagen führen. Prophylaktisch eingenommen kann Quercetin vermutlich die Anfälligkeit für Infekte reduzieren und ist in Kombination mit Vitamin C besonders wirksam. Eine placebokontrollierte, doppelblinde und randomisierte Studie konnte zeigen, dass eine 12-wöchige Einnahme von Quercetin zu einer Verringerung der Symptomschwere und der Anzahl an Krankheitstagen führte.9 Die positiven Effekte waren auf eine Dosis von zweimal täglich 500 mg Quercetin zurückzuführen, die bis zu 12 Wochen eingenommen wurde. Quercetin gilt in dieser Dosierung und Anwendungslänge als sicher. Es ist jedoch nicht bekannt, ob höhere Mengen und eine längerfristige Einnahme zu empfehlen sind, da es dazu bis dato keine relevanten Studien gibt. In-vitro-Studien konnten sowohl bei Adenoviren10 als auch bei Coronaviren11, beide sind häufige Auslöser für Infektionen der oberen Atemwege, eine starke antivirale Eigenschaft von Quercetin nachgewiesen werden. 


Empfehlung
500–1.000 mg/Tag für 12 Wochen


Sonnenhut fürs Immunsystem


Echinacea verdankt ihre Wirkung nicht nur einer Einzelsubstanz, sondern dem Zusammenspiel unterschiedlicher Inhaltsstoffe. Dazu zählen Alkamide, Kaffeesäure-Abkömmlinge (Cichoriensäure), Polyacetylene und Antioxidantien wie Flavonoide. In den letzten Jahren hat sich die Forschung v. a. auf die Alkamide fokussiert, die über immunmodulatorische und entzündungshemmende Eigenschaften verfügen und für die immunstärkende Wirkung des Sonnenhuts eine zentrale Rolle spielen. Die Anwendung bei Atemwegsinfekten hat eine lange Tradition und erst kürzlich konnte eine 8-wöchige placebokontrollierte Studie mit 80 Proband:innen zeigen, dass die Einnahme von 200 mg Echinacea-Extrakt über acht Wochen die Abwehrkräfte messbar steigern kann.12 Es wird empfohlen, Echinacea-Präparate zu Beginn höher zu dosieren und nach rund drei Tagen die Dosis zu reduzieren, bis die akute Phase abgeklungen ist. Echinacea ist in Kombination mit weiteren immunstimulierenden Wirkstoffen in geringen Mengen für eine dauerhafte Anwendung geeignet. Bei der gezielten Einnahme höherer Dosierungen über sechs bis acht Wochen sollte eine Einnahmepause eingelegt werden. Da sich die Präparate hinsichtlich Darreichungsform, Konzentration und verwendeten Pflanzenteilen stark voneinander unterscheiden, empfiehlt es sich, die Dosierungsangaben der jeweiligen Hersteller zu befolgen.

Empfehlung
Echinacea-Extrakt: 50–400 mg/Tag

Quellen
1   Van Straten M, et al.: Preventing the common cold with a vitamin C supplement; a double blind, placebo-controlled survey. Adv Ther 2002;19(3):151-9
2   Mossad SB, et al.: Zinc gluconate lozenges for treating the common cold. A randomized, double-blind, placebo-controlled study. Ann Intern Med 1996;125(2):81-8
3   Guillin OM, et al.: Selenium, Selenoproteins and viral infection. Nutrients 2019; 11(9):2101
4   Pham H, et al.: Acute respiratory tract infection and 25-Hydroxyvitamin D concentration: a systematic review and meta-analysis. Int J Environ Res Public Health 2019; 16(17):3020
5   Martineau AR, et al.: Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and 
meta-analysis of individual participant data. BMJ 2017; 356: i6583

Weitere Literatur auf Anfrage

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